Erstmals in Deutschland hat ein 14-jähriger Patient eine neue Herzklappe erhalten, ohne dass sein Brustkorb geöffnet werden musste.

„Der Eingriff, der knapp zwei Stunden lang dauerte, ist wie geplant verlaufen”, sagte Rüdiger Lange, der Direktor des Deutschen Herzzentrums. Die Ärzte schoben den Klappenersatz mit einem Katheter durch die Leistenvene bis zum Herzen. Sie konnten die Klappe bei schlagendem Herzen und ohne Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine entfalten.

In Deutschland kommt fast jedes Hundertste Kind mit einem Herzfehler zur Welt. Bei rund 650 000 Geburten pro Jahr sind das etwa 6500 Babys. Die meisten benötigen kurz nach der Geburt eine Operation. Nicht selten muss dabei eine neue Pulmonalklappe zwischen rechter Herzkammer und Lungenarterie eingesetzt werden. Die dabei verwendeten Herzklappen vom Schwein oder Rind, müssen jedoch später ausgetauscht werden, das sie zu klein werden, zu eng oder undicht. Dann öffnen Chirurgen in einer weiteren Operation den Brustkorb und ersetzen die Klappe.

Um den Einsatz von Herz-Lungen-Maschinen zu vermeiden, die den Kreislauf der jungen Patienten stark belasten, entwickelten Herzchirurgen in London ein neues Verfahren, das jetzt auch im Herzzentrum München zum Einsatz kam. Im Herzkatheterlabor implantierten die Ärzte von der Leiste aus eine neue Klappe, ohne den Brustkorb öffnen zu müssen. „Die Klappe entfaltet sich über eine eingebaute Stütze (Stent) von selbst und drückt sich fest in das umliegende Gewebe”, so Lange. Dies ist jedoch nur bei Patienten möglich, denen eine Lungenschlagader-Klappe mit kleinerem Durchmesser (bis 22 Millimeter) ausreicht.

Komplikationen bei 14-jährigem Mädchen

Eine Komplikation gab es am Donnerstagvormittag im Fall der 14-jährigen Letizia aus Norditalien. Auch sie sollte eine neue Herzklappe bekommen. Wegen des größeren Durchmessers der Klappe musste ihr Brustkorb geöffnet werden: Mit einem Spezialinstrument – eine Art überdimensionaler Spritze – wollten die Ärzte ihr die Klappe direkt in das schlagende Herz injizieren. Jedoch verkantete sie sich und stellte sich quer. Die Ärzte entschieden deshalb während des Eingriffs, stattdessen die Klappe eines menschlichen Spenders einzusetzen. „Woran es genau lag, wissen wir nicht. Das müssen wir jetzt genau analysieren”, sagte Lange gegenüber FOCUS Online. „Die brandneue Technik ist sicherlich verbesserungswürdig.” Zuvor war dieselbe Operation in acht Fällen erfolgreich verlaufen.

Schonende Verfahren bei angeborenem Herzfehler

Letizia wie auch ihr gleichaltriger Mitpatient leiden an einem angeborenen Herzfehler namens Fallot´sche Tetralogie. Rund 600 Neugeborene in Deutschland kommen jährlich mit dieser Fehlbildung auf die Welt. Dabei hat unter anderem die Scheidewand zwischen den beiden Herzkammern ein Loch, und die Herzklappe zwischen rechter Herzkammer und Lungenschlagader ist zu klein, zu eng oder fehlt völlig.

Da nach ersten Operationen im Säuglingsalter oft noch weitere Eingriffe nötig werden, versuchen Ärzte, die Operationen so schonend wie möglich zu gestalten. „Der Verzicht auf die Herz-Lungen-Maschine macht einen kürzeren Klinikaufenthalt möglich, da sich die Patienten schon innerhalb von drei bis vier Tagen nach dem Eingriff gut erholen”, sagt Lange.

Rund 250 Mediziner aus mehr als 25 Ländern verfolgten während eines Symposiums im Münchner Herzzentrum die Operationen live am Bildschirm.
Quelle: focus.msn.de

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