Insektenstiche Was ist zu tun ?
In den Sommermonaten haben wir es oft mit Insektenstichen zu tun. Während in den meisten Fällen eine rasche Abheilung erfolgt kann es jedoch in Einzelfällen zu heftigen allergischen Reaktionen kommen. Diese Situationen entwickeln sich sehr rasch lebensbedrohlich und enden nicht selten tödlich. Wir sollten deshalb stets darauf vorbereitet sein!
Wie können wir Insektenstiche vermeiden?
Insektenstiche werden sich naturgemäß niemals völlig vermeiden lassen. Wir können uns allenfalls durch Präventivmaßnahmen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht stets darum bemühen Plätze mit erhöhtem Personenaufenthalt für Insekten so unattraktiv wie möglich zu gestalten. Obst- und Fruchtbäume oder Sträucher sollten sich deshalb von vornherein nicht an solchen Orten befinden. Besondere Gefahrenbereiche sind oftmals auch der Entsorgungsbereich sowie die Müllstationen. Verschließbare Container und Müllstationen sollten deshalb auch aus hygienischen Gründen eine Selbstverständlichkeit sein. Ein weiterer Anziehungspunkt für die Insekten ist natürlich auch ein Kioskbereich mit seinem reichhaltigen Angebot an süßen Speisen und Getränken. Ein Insekt ist schnell verspeist oder mit einem Getränk aufgenommen und kann insbesondere im Mund- und Rachenraum dramatische Folgen auslösen. Es empfiehlt sich hier vorbeugend Getränke vor allem an Kinder stets nur mit einem Strohhalm und verschließbaren Getränkebehältnissen anzubieten. Es ist hier auch verstärkt darauf zu achten dass sich keine Lebensmittelreste in diesem Bereich bzw. im gesamten Gelände befinden. Entsprechende Hinweistafeln und gelegentliche Warndurchsagen können das Unfallrisiko eindämmen. Wespennester und sonstige Gefahrenquellen sollten natürlich unmittelbar im Rahmen der täglichen Sicherheitsbegehung zeitnah entfernt werden.
Welches Insekt hat gestochen?
Es lässt sich oft nicht auf Anhieb feststellen welches Insekt gestochen hat. Dies ist für die Erstversorgung auch nicht relevant da diese sich zunächst an der Symptomatik orientiert. Meistens schwellen die Einstichstellen sofort an und verursachen Rötung, Schwellung und Schmerzreiz.
Eine einzelne Schwellung oder mehrere Einstiche nebeneinander deuten auf Mückenstiche hin. Stechmücken ernähren sich vom Blut und bringen deshalb mit dem Stich sofort eine gerinnungshemmende Speichelsubstanz in die Haut. Aus diesem Grund treten sofort allergische Hautreaktionen auf. Stechmücken beißen fasst immer schmerzfrei ein winziges Loch in die Haut.
Flöhe verursachen viele kleine nahe beieinander liegende Einstiche.
Wespen- oder Bienenstiche bemerkt man sofort da diese sehr schmerzhaft sind.
Zeckenbisse werden meist erst beim entfernen der Kleidung bemerkt.
Grundsätzliche Verhaltensweisen
Bienen sondern beim Stechen einen Duftstoff ab welcher weitere Artgenossen an lockt. Wildes umher schlagen reizt die Insekten und macht Sie angriffslustig da Sie sich bedroht fühlen. Sie sollten deshalb die Örtlichkeit rasch aber ohne Panik verlassen.
Allergiker sollten stets ein Notfall-Set sowie den Allergikerausweis mit führen!
Es enthält eine Pinzette zum Entfernen des Stachels, ein inhalierbares Adrenalin sowie Cortison und ein Antihistaminikum, beides möglichst in flüssiger Form zur Einnahme. Ein Stauschlauch sowie eine Giftpumpe ergänzen das Notfall-Set sinnvoll. Der behandelnde Arzt verschreibt die betreffenden Präparate und erklärt wie diese im Notfall angewendet werden sollen. Ein „Notfall-Set” als solches gibt es üblicherweise nicht sondern wird nur nach ärztlicher Verordnung in der Apotheke zusammengestellt
Bei bekannter Insektengiftallergie sollte grundsätzlich sofort der Notarzt alarmiert werden!
Nach einem Insektenstich sollten Sie den Betroffenen sofort nach bestehenden Allergien sowie etwaigen Grunderkrankungen und ggf. deren Medikation befragen!
Diese Informationen beeinflussen ggf. die weitere ärztliche Therapie. In Extremsituationen ist der Betroffene schon nach kurzer Zeit nicht mehr in der Lage Ihnen diese Informationen selbst zu geben. Sie sollten deshalb auch bei betroffenen Kindern oder hilfsbedürftigen Personen umgehend die Angehörigen oder Betreuer anrufen lassen
Warum können Insektenstiche lebensbedrohlich sein?
Insektenstiche können einen lebensbedrohlichen „anaphylaktischen Schock” auslösen. Voraussetzung hierfür ist eine vorausgegangene Sensibilisierung des Organismus. Der Körper muss also schon einmal Kontakt mit dem Reizstoff gehabt und Antikörper gebildet haben.
Beim anaphylaktischen Schock kommt es zu einer überschießenden Reaktion des Körpers mit massiver Ausschüttung von Histamin und anderen Stoffen. Dies führt zu einer Erweiterung der Blutgefäße in der Peripherie und somit zum Versacken des Blutes z. B. in den Armen und Beinen, dass nunmehr in den lebenswichtigen Organen wie Herz, Lunge, und Gehirn fehlt. Durch den Blutdruckabfall im Schock kommt es zur Ausschüttung von Adrenalin welches wiederum die Herzfrequenz steigert und die kleinen Blutgefäße enger stellt, so dass es vorübergehend zu einer Kreislaufzentralisation kommt. Vor allem durch die Ausschüttung von Histamin tritt vermehrt Flüssigkeit von den Blutgefäßen in das Gewebe aus und es entsteht ein Flüssigkeitsmangel in den lebenswichtigen Organen. Die Organversorgung bricht zusammen und endet mit einem Herz-Kreislaufstillstand.
Symptomatik und Formen einer anaphylaktischen Reaktion nach Insektenstich
Meist treten die ersten Symptome unmittelbar nach den Einstich innerhalb weniger Minuten auf. In sehr seltenen Fällen jedoch auch noch nach mehreren Stunden.
Stufe 1: Leichte Insektengiftallergie
Unmittelbar nach dem Stich treten Schmerz, Rötung, Juckreiz und eine Schwellung der Einstichstelle auf. Der angeschwollene Bereich kann sich über mehrere Zentimeter ausdehnen.
Dieses Stadium ist die glücklicher Weise die häufigste Reaktion und Bedarf neben den üblichen Erste-Hilfe-Maßnahmen keine weitere Therapie.
Nach einem Insektenstich sollten Sie den Betroffenen sofort nach bestehenden Allergien sowie etwaigen Grunderkrankungen und ggf. deren Medikation befragen!
Beruhigender Zuspruch, Ruhigstellung, Kühlung und ein Insektengel lindern die Reaktionen rasch. Bei aufgeregten Kindern wirkt hier zusätzlich eine kleine Süßigkeit oder ein Eis wahre Wunder. Beim entfernen des Giftstachels sollten Sie darauf achten dass sie diesen nicht zerstören da sonst weiteres Gift in die Wunde eindringen kann.
Keine Manipulation (Ausdrücken, Aussaugen) an der Bissstelle zur Vermeidung weiterer Gifteinschwemmung!
Zur Sicherheit sollten Sie das Kind unbedingt der verständigten Aufsichtsperson übergeben. Auch wenn keine weiteren Beschwerden auftreten ist eine Wiedervorstellung nach 15 - 30 Minuten sinnvoll. Informieren Sie die Aufsichtsperson über etwaige Risiken und Symptomatiken.
Stufe 2: Milde allergische Reaktion
Wie oben, jedoch dehnt sich die Schwellung und der Juckreiz über den ganzen Körper aus.
Da die weitere Entwicklung nicht abzusehen ist sollten Sie nunmehr sofort den
Notarzt anfordern. Warten Sie nicht die nächsten Stufen der allergischen Reaktion ab. Sie verschenken eventuell wertvolle Zeit!
Stufe 3: Mittelschwere Insektengiftallergie
In diesen Fällen reagiert der ganze Körper und nicht nur die Haut auf das Insektengift. Gesichts- und Lippenschwellungen, Quaddelbildung, (Quinke - Ödem) , Schwindel, Blutdruckabfall, Brustenge, Luftnot, ausgedehnter Juckreiz sowie Übelkeit und Brechreiz sind alarmierende Symptome.
Spätestens jetzt müssen Sie den Notarzt alarmieren!
Rufen Sie über Lautsprecher Ärztliches- oder Rettungsdienstpersonal aus. Verständigen Sie weiteres Personal und bereiten Sie sich auf eine Reanimation vor!
Stufe 4: Schwere Insektengiftallergie
Extreme Luftnot, Blaufärbung (
Zyanose), Erbrechen, Durchfall und Todesangst sowie Kreislaufkollaps und Bewusstlosigkeit treten ein.
Stufe 5: Schwerste Insektengiftallergie
Der anaphylaktische Schock ist die schwerste Form der allergischen Reaktion. Bewusstlosigkeit mit Atemstillstand treten zusätzlich ein. Es folgt der Kreislaufstillstand.
Nun macht es sich bezahlt wenn Sie sich bereits wie vorab beschrieben auf eine Reanimation vorbereitet haben!
Bei Kreislaufstillstand sofort mit der Reanimation beginnen!
Bitte bedenken Sie dass die Symptomatiken und Reaktionen innerhalb kürzester Zeit fließend ineinander übergehen können.
Notfallmaßnahmen
(Basismaßnahmen)
- Wenn ansprechbar umgehend Lagerung mit erhöhten Beinen (Schocklage)
- Beruhigender Zuspruch
- Körperliche Schonung (Giftverteilung vermeiden)
- Ggf. Giftstachel entfernen
- Kühlung der Schwellung (Eis / Wasser / Kühlbeutel)
- Ggf. Mithilfe beim Einsatz des Notfall-Set
- Insektengel (z. B. *Tavegil) auftragen
- Bei Schwellungen im Mundbereich Eis lutschen lassen
- Hilfe beim Erbrechen leisten
- Sauerstoffzufuhr
- Ggf. Freihalten der Atemwege (Guedel - Tubus)
Reanimationsbereitschaft herstellen!
Bei Bewusstlosigkeit Stabile Seitenlage
Haben Sie den Notarzt alarmiert? Tel: 19222/ 112
Bei Herz-Kreislaufstillstand sofort Reanimation einleiten!
Erweiterte Maßnahmen
In Extremsituationen können die Basismaßnahmen nicht ausreichen um das Überleben des Betroffenen bis zum eintreffen des Notarztes zu sichern. In diesen Fällen muss zufällig anwesendes Ärztliches- oder
Rettungspersonal noch vor dem eintreffen des Notarztes auf eine notfallmedizinische Ausrüstung und vor allem auf rasch wirkende Arzneimittel zurückgreifen können. Diese Maßnahmen sollten auch Sie nach entsprechender Fortbildung im Rahmen der Notkompetenz beherrschen.
Hierzu zählt im Übrigen auch schon das Auftragen eines verschreibungsfreien Insektengels oder einer Desinfektionslösung sowie die Sauerstoffgabe, obwohl wir diese Maßnahme fast schon routinemäßig durchführen. Besprechen Sie deshalb diese Maßnahmen vorab mit einem Mediziner!
Die Hauptgefahr besteht in vielen Fällen im Verlegen der
Atemwege durch rasches Anschwellen des Gewebes und daraus folgendem Erstickungstod. Mit Kühlung durch Eis werden wir diese Situation selten in den Griff bekommen sondern rasch wirkende Arzneimittel einsetzen müssen.
Hierfür hat sich *Tavegil bisher bestens bewährt. Dieses Arzneimittel gibt es als Gel zum auftragen auf die Haut aber auch in Form von Ampullen. Tavegil ist verschreibungsfrei und weitgehend frei von Nebenwirkungen. Deshalb wird es u. A. auch gerne von den Notärzten als Antiallergikum (Antihistaminikum) eingesetzt.
Insbesondere bei Stichen im Mund- und Rachenraum können Tavegilampullen in einem Glas Wasser verdünnt (3-5 Stück) zur Mundspülung eingesetzt werden. Somit wirkt es rasch lokal am Ort des Geschehens wobei ein Teil des Arzneimittels über die Zunge in den Kreislauf aufgenommen wird und dort nachwirken kann. Bei Bedarf kann es von anwesendem Ärzten/-Rettungspersonal auch intravenös verabreicht werden.
Alle weiteren Maßnahmen zur Behandlung einer schweren anaphylaktischen Reaktion sind ausnahmslos ärztliche Maßnahmen und werden deshalb hier nicht weiter ausgeführt.
Quelle: Roland Westphal
Notfallseminare
79183 Waldkirch
Heimeckerstraße 3
Tel: 07681-4740302