"Die schmerzfreie Klinik kann schon bald Realität sein", sagt Prof. Dr. Edmund Neugebauer, Inhaber des Lehrstuhls für Chirurgische Forschung an der Privatuniversität Witten/Herdecke (UWH). Er sieht in der Schmerzbekämpfung ein zentrales Profilierungsfeld für die Klinik der Zukunft: "Durch eine gute Akutschmerztherapie steigt die Patientenzufriedenheit und das Ansehen des Hauses", betont er.
Das Thema Akutschmerz nimmt beim Arzt im Rahmen seiner täglichen Arbeit eine hohe (>75%) Bedeutung ein. Eine Vielzahl von Studien und Befragungen aus jüngster Zeit belegen aber auch, dass 40- 50% der Patienten besonders nach Operationen immer noch sehr schmerzhafte Erfahrungen in der Klinik machen."Der Öffentlichkeit und dem Patienten ist kaum zu vermitteln, dass 50% der Kliniken bisher kein klares Konzept zur Schmerztherapie haben, und ebenfalls 50% der Kliniken den Schmerz erst bei Klagen des Patienten therapieren. Außerdem sind wichtige Methoden der Schmerzmessung und -therapie nicht bekannt, oder werden nicht angewendet", kritisiert Prof. Dr. Edmund Neugebauer, Inhaber des Lehrstuhls für Chirurgische Forschung an der Privatuniversität Witten/Herdecke (UWH).
Inzwischen sei es anerkannt, dass eine mangelhafte oder gar fehlende Schmerztherapie nicht "nur" den Patientenkomfort verringere, sondern auch zu schwerwiegenden akuten Folgeschäden führen könne. Für den Krankenhausträger erhöhten sich zudem die Kosten des Krankenhausaufenthaltes. Auch juristische Konsequenzen drohten, wenn Ärzte die heute möglichen Verfahren zur Linderung der Schmerzen zum Vorteil des Kranken nicht ausschöpften."Es ist klar, dass sich an dieser unbefriedigenden Situation dringend etwas ändern muss", sagte Neugebauer. Gründe für die z. Zt. noch unbefriedigende Situation sieht Neugebauer zu 60% in organisatorischen Mängeln, zu 60% im Zeitmanagement der Ärzte/Pflege und zu fast 40% in der mangelnden Fachkenntnis im Bereich der Akutschmerztherapie.
Die "Initiative Schmerzfreie Klinik" will durch ein integriertes Qualitätsmanagementkonzept Auswege aufzeigen, z.B. mit Maßnahmen zur Verbesserung der Strukturqualität (bessere Kommunikationsstrukturen zwischen allen Beteiligten, evidenzbasierte Schmerztherapiekonzepte, Schulungen etc.), der Prozessqualität (Anwendung der Akutschmerzkonzepte) und zur Verbesserung der Ergebnisqualität (maximal mögliche Schmerzreduktion bei minimalen Nebenwirkungen während der gesamten Behandlungskette).Bei Umsetzung der Maßnahmen, die in einem Katalog festgeschrieben sind, sollte es gelingen, auch das Problem Zeitmangel in den Griff zu bekommen. Neugebauer: "Eine gute Organisation in diesem Bereich spart erhebliche Zeit. Der Maßnahmenkatalog ist so angelegt, dass es, ohne zusätzliche Stellen, mit den vorhandenen Ressourcen einer Klinik gelingen kann, das Ziel "Schmerzfreie Klinik" zu erreichen." Der TÜV Rheinland hat hierfür ein praktikables Zertifizierungsverfahren entwickelt.