Wissenschaftler um den Mediziner Anthony W. Segal vom University College London sind der Ansicht, dass ein schwaches Immunsystem die chronische Darmentzündung Morbus Crohn verursacht. Damit widersprechen sie der Meinung der meisten Experten, die Morbus Crohn für eine Autoimmunkrankheit halten, durch die überaktive Abwehrzellen körpereigenes Gewebe angreifen und zerstören.
Die Veröffentlichung in der neuesten Ausgabe von "The Lancet" schlägt einen eigenwilligen Therapieansatz vor: Der durchblutungsfördernde Stoff Sildenafil, der als Viagra für seine potenzsteigernde Wirkung bekannt ist, soll die Krankheit stoppen.Sie haben zum Beispiel die weißen Blutkörperchen gezählt, die die Betroffenen nach einer Verletzung des Darms (nach einer Biopsie) und der Haut (nach einer Abschürfung) entwickeln. Crohn-Patienten produzieren sehr viel weniger dieser Funktionsträger des Abwehrsystems als gesunde Vergleichspersonen nach einer Verletzung.
Ein weiterer Test beinhaltete die Reaktion der Patienten mit Darmentzündung auf Bakterien. Zu diesem Zweck spritzten die Forscher ihnen eine harmlose Form von Coli-Bakterien unter die Haut. Während sich die Durchblutung in der Kontrollgruppe nach der Bakterien-Attacke innerhalb von 24 Stunden verzehnfachte, also die Abwehr des Körpers heftig reagierte, wiesen die Crohn-Patienten kaum einen verstärkten Blutfluss auf. Das brachte die Forscher auf die Idee, die Durchblutung künstlich anzuregen. Mit dem Viagra-Wirkstoff gelang ihnen das auch, was das Potenzmittel zu einem möglichen Kandidaten in der Crohn-Behandlung macht.