Blutkonserve
Bild: Blutkonserve
Obwohl Blutkonserven im Sommer wieder knapp sind, dürfen Homosexuelle nach wie vor kein Blut spenden. Grund dafür ist das deutsche Transfusionsgesetz, das Schwule pauschal als Risikoträger einstuft. Andere europäische Länder haben diesen Bann längst aufgehoben.

Vor der Spende kommt der Fragebogen: Neben Auskünften zu Auslandsaufenthalten, Impfungen und Infektionskrankheiten soll der Spendenwillige angeben, ob er zu einer Risikogruppe für HIV gehört. Dazu zählt der deutsche Gesetzgeber Prostituierte, Sextouristen, Drogenabhängige, Häftlinge, „Menschen mit häufig wechselnden Intimpartnern”, aber auch Homosexuelle – unabhängig davon, wie riskant ihr Sexleben tatsächlich ist. Wer an dieser Stelle sein Kreuzchen macht, ist automatisch von der Blutspende ausgeschlossen.

Unter Generalverdacht

„Damit stehen Schwule unter HIV-Generalverdacht”, sagt Klaus Jetz, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD), im Gespräch mit FOCUS Online. Immer wieder erreichen den Verband Beschwerden von Männern, die sich durch diese Regelung diskriminiert fühlen. Viele leben in einer langjährigen monogamen Partnerschaft. Die Gefahr einer HIV-Infektion sei für sie ebenso gering wie für Heteros in gleicher Lebenssituation, argumentieren die Abgelehnten.

„Wir setzen nur um, was der Gesetzgeber vorschreibt”, erklärt dazu Lübbo Roewer, Pressesprecher des Deutschen Roten Kreuz, gegnüber FOCUS Online. Und das ist in diesem Falle das Transfusionsgesetz. Es soll den Empfängern einer Blutspende größtmögliche Sicherheit garantieren.

Infektionsrisiko 1:1,5 Mio.

Das scheint zu funktionieren: Tatsächlich ist das Risiko, sich an gespendetem Blut mit HIV anzustecken, verschwindend gering: „Es liegt bei eins zu 1,5 Millionen – die Gefahr, dass einem die Decke auf den Kopf fällt, ist größer“, so Lübbo Roewer. Das garantieren aber nicht die strengen Auswahlkriterien für Spender, sondern die modernen Testverfahren, die HI-Viren zuverlässig aufspüren. Denn die Angaben der Spender zum Sexleben oder Krankheitsgeschichte werden nicht überprüft.

Schwule können also sehr wohl Blut spenden – solange sie ihre sexuelle Orientierung verheimlichen. Für Homosexuelle, die zu ihrem Schwulsein stehen wollen, ist das keine Alternative.

Bis auf Weiteres ausgeschlossen

Bereits im Jahr 2001 wandte sich der LSVD daher an das Paul-Ehrlich-Institut, das in Deutschland in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer für das Transplantationsgesetz zuständig ist. Hoffnung auf eine Änderung der Vorgaben gibt es allerdings vorerst nicht: „Eine Streichung des von Ihnen kritisierten Ausschlusskriteriums wird in Erwägung gezogen werden, sobald die Datenlage … dies zulässt”, heißt es in dem Antwortschreiben. Im Klartext bedeutet das: Solange der Prozentsatz an HIV-Infizierten unter Homosexuellen höher ist als in der übrigen Bevölkerung, bleiben Schwule in Deutschland vom Blutspenden ausgeschlossen.

Andere Länder, andere Blutspendesitten

Dass andere Länder das Risiko, das von schwulen Blutspendern ausgeht, anders einschätzen, zeigt das Beispiel Spaniens: Als das Madrider Militärkrankenhaus Homo- und Bisexuelle wegen ihrer sexuellen Orientierung ablehnte, protestierten der spanische Blutspenderverband und viele Schwulenverbände. Daraufhin lenke das Verteidigungsministerium im Jahr 2003 ein: Der Ausschluss von Bi- und Homosexuellen sei „altmodisch”, „falsch” und „überholt”.

Portugal hat den Bann gegen Schwule im März dieses Jahres aufgehoben. Und auch in den USA sollen Homosexuelle noch 2006 offiziell Blut spenden dürfen. Sobald die Verordnung in Kraft tritt, entscheidet das tatsächliche Risikoverhalten über die Lizenz zum Spenden – nicht die sexuelle Orientierung.
Quelle: focus.msn.de

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