Normalerweise denkt man, dass bewusstlose Menschen sofort in wärmende Decken eingehüllt werden sollten. Doch in der Notfallmedizin hat sich das Gegenteil bewährt. Immer häufiger wird bei Patienten, die einen Herzstillstand überlebt haben, auf der Intensivstation die Körpertemperatur auf 32 bis 34 Grad Celsius abgekühlt. Mögliche Vorgehensweisen dabei sind das Anlegen einer Infusion mit eiskalten Flüssigkeiten oder die Verwendung von speziellen Matratzen. Diese Therapie wird in Fachkreisen als "Milde Hypothermie" bezeichnet und ist nach Meinung von Experten ein wichtiger Fortschritt in der Notfallmedizin. "Nur wenige Therapien haben derart günstige Auswirkungen auf die Überlebenschance von Patienten, die nach einem tödlichen Kammerflimmern wiederbelebt werden konnten und bewusstlos die Klinik erreichten. Auf sechs Patienten kommt einer, dem durch die Milde Hypothermie das Leben gerettet werden konnte", berichtet Bernd Böttiger von der Universität Heidelberg. Der entscheidende Vorteil der Behandlung ist, dass Hirnschädigungen bei den betroffenen Patienten vermieden werden können. Auch noch einige Stunden nach dem Herzstillstand besteht eine Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff. Durch das Absenken der Körpertemperatur wird der Stoffwechsel des Patienten gedrosselt, das Gehirn benötigt weniger Energie und kann die Zeit des Sauerstoffmangels besser überstehen. Zwei klinische Studien konnten die Erfolge der Therapie bereits eindeutig belegen. Geklärt muss allerdings noch werden, welche Verfahren für eine optimale Abkühlung am besten geeignet sind und wie schnell die Abkühlung erfolgen sollte. Dennoch wird noch in diesem Jahr die Milde Hypothermie vermutlich in den offiziellen Behandlungsleitlinien für Notärzte berücksichtigt werden. "Dann wird die kontrollierte Unterkühlung zum Standard, ihr Unterlassen möglicherweise zum Kunstfehler", berichtet Böttiger.
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